Sonntag, 17. Mai 2015

Unterschiede zwischen Training und Turnier

Du führst bis zum Matchball, dann schlägt deine Matchballschwäche wieder voll zu, du kriegst den letzten Ball nicht ins gegnerische Tor und verlierst doch noch.
Was kannst du im Training und Turnier anpassen, um für die entscheidenden Bälle mehr Sicherheit zu kriegen?
Am Besten ist, wenn man die Schwierigkeit im Training noch ein bisschen erhöht. In einem vorherigen Artikel zur Trainingsphilosophie haben wir euch schon ein paar Grundlagen vorgestellt, die man anpassen kann. Hier sind ein paar weitere Ideen, die man im Training bewusst anders machen sollte, als im Turnier.

Matchballschwäche

Zuerst musst du dieses Wort aus deinem Vokabular streichen. Hier baust du dir eine selbsterfüllende Prophezeiung auf. Je mehr du darüber nachdenkst, desto stärker wird diese. Wenn man sich bewusst damit auseinandersetzt, dass man die Matchbälle verschießt, dann macht dein Unterbewusstsein dieses auch wahr.  In unserer Reihe zum Mentalen Training haben wir schonmal ein paar allgemeine Grundlagen für das Mindset gelegt. Und hier sind ein paar weitere Ideen die man in Training und Turnier umsetzen kann.
Die einfachsten Matchbälle sind die, bei denen man nicht ganz aufgepasst hat und einem nicht klar war, dass dieses bereits der Matchball war. Der Ball hat nur die Bedeutung, die man ihm gibt. Diesen Punkt kann man bewusst zu seinem Vorteil nutzen.
Um im Training einen Zustand zu erreichen, der möglichst fordernd ist, hilft es, jeden Ball zu spielen, als wäre es der Matchball. Im Turnier hingegen spielt man jeden Ball als wäre es der erste Ball. Mit etwas Übung kann man sich ganz gut selbst anlügen und kriegt dadurch etwas mehr Gelassenheit.

Griffe Präparieren

Jeder hat seinen Favoriten, wie er sich für ein Turnier die Griffe vorbereitet, um ein bestmögliches Spielgefühl zu erreichen. Im Training (Trainingsspiel, DYP, weniger wichtiges Turnier,...) sollte man aber mal ohne bzw. mit einer anderen Vorbereitung spielen. Dadurch wird das Vertrauen etwas gesenkt und man gewöhnt sich an "extremere Situationen". Beispielsweise wenn man im Turnier in einer extrem engen Situation an den Händen schwitzt und sich deshalb nicht mehr ganz wohl fühlt, kann man das im Training viel einfacher erreichen, wenn man ohne Bändchen spielt und dieser Zustand dadurch schneller eintritt. Umgekehrt kann man auch mehrere Bändchen um die Griffe wickeln, damit diese sich anders anfühlen oder mit Handschuh spielen, wenn man dies sonst nie macht. Dies hat großen Einfluss auf das Spielgefühl und im Turnier darf einen so etwas nicht aus dem Konzept bringen.

Spielmodus

Wir haben bereits einen Artikel zum Matchball-Duell beschrieben, bei dem fast jeder Ball ein Matchball ist. Wem das für freies Spiel im Training zu viel Aufwand ist, der kann auch im Training einen Ball mehr spielen als im Turnier. Dies heißt anstelle von einem Satz bis 7 spielt man einen Satz bis 8. Oder anstelle von "bester aus 3 Sätzen bis 5" spielt man "bester aus 3 Sätzen bis 6". Die Anzahl der Sätze nach oben zu schrauben (z.B. ein "bester aus 7 Sätzen") hatte für mich persönlich weniger Trainingseffekt.

Performance Cues

In dem Artikel zu den Performance Cues haben wir beschrieben, wie man diese einsetzen kann, um sich selbst in einen besseren Zustand zu versetzen und beispielsweise seine Quote beim Schießen von der 3 oder beim Passen zu verbessern. Ich habe zum Beispiel einen Performance Cue für erfolgreiches Schießen von der 3 und einen anderen für das Passen. Diese habe ich beide Regelkonform gewählt, sodass ich diese auch während des Spiels ausführen kann.
Im Training (alleine oder mit Gegner) führe ich diese Performance Cues immer nach einem erfolgreichen Pass bzw. Schuss aus, stelle mir vor meinem inneren Auge nochmal die gerade erfolgreich ausgeführte Aktion vor und lächele kurz dazu. Das Lächeln selbst kann man auch als einen Performance Cue betrachten. Durch diesen fühlt man sich gut und Anspannung fällt ab. Dadurch macht es mehr Spaß, wenn man alleine an seinem Tisch trainiert.
Im Turnier kann ich die Performance Cues zudem noch kurz vor einer Aktion anwenden. Beispielsweise wenn ich den Ball gerade auf der 5 geblockt habe und mich innerlich auf den Pass vorbereite. Als nächstes fange ich automatisch an zu lächeln und der Pass fällt dann leichter. Hierdurch kann man die Wahrscheinlichkeiten von erfolgreichen Aktionen erhöhen.

Sicherheit

Im Turnier spiele ich immer auf Sicherheit. Das heißt meine A-Systeme. Ich versuche nicht zu "zaubern". Wenn man bei einer hohen Führung anfängt die Sachen auszupacken, die schön aussehen, aber die man nicht so sicher kann, dann passiert es sehr leicht, dass man seinen Gegner ins Spiel bringt und sich selbst raus. Dadurch kann man leicht sicher geglaubte Siege vergeben.
Im Training sollte man sich dies nicht angewöhnen, sondern eher die Chance nutzen, um seine Systeme zu erweitern und mehr Sicherheit in die Optionen zu kriegen, die man nicht so gut kann. Man kann zum Beispiel sein Schuss-System umstellen, dass man bewusst versucht, die meisten Tore mit dem Schuss, den man schlechter beherrscht, zu erzielen. Beispielsweise wenn man sich nicht wohl mit dem Pin nach links fühlt, dann versucht man diesen immer zu schießen, wenn der Gegner die linke Ecke öffnet.
Dieser Aspekt der Einschränkung funktioniert natürlich gleichermaßen bei defensiven Systemen.

Oder man kann auch noch eine Stufe extremer werden und mehr Geschwindigkeit auf den linken Pin trainieren, indem man auf ein Linkslang-System ändert. Also man startet immer an der Rechten Seite des Tors und schießt nur nach links.
Analog kann man auch auf der 5 an der oberen, anstelle der unteren Bande durchlegen.  Hierdurch trainiert man mehr Ballkontrolle und kann so den Ball an der gegenüberliegenden Bande besser unter Kontrolle bringen (hilft beim Blocken). Zusätzlich lernt man auch noch die Stärken und Schwächen unterschiedlicher Systeme kennen und kann bessere Defensiven gegen diese aufbauen.
Weitere Punkte die man ausprobieren kann:

  • Beeinflussung der Koordination und Wahrnehmung durch Müdigkeit
  • Spielen ohne Schuhe
  • Spielen mit einer Bauchtasche, wie sie viele Spieler bei Turnieren mit ITSF Kleiderordnung tragen.
  • Schiefstellen des Tisches
  • Benutzen unterschiedlicher Bälle
  • Spielen auf unterschiedlichen Tischtypen (Tornado, Bonzini, ...)
  • Spielen bei schlechter Beleuchtung
  • Wenn man einen Tisch zu Hause hat, kann man diesen mal umstellen oder einfach auf der anderen Seite trainieren.

Das klingt ja alles ganz nett, aber was erreicht man damit?
Durch Ablenkungen im Training lernt man sich im Spiel besser auf das Geschehen zu konzentrieren. Störungen können bewusst ausgeblendet werden, damit daraus KEINE selbsterfüllenden Prophezeiungen entstehen.
Es darf nicht passieren, dass der Fokus während des Spiels auf Faktoren fällt, die man als störend empfindet bzw. bewertet. Diese bauen sich dadurch immer mehr auf und die Aufmerksamkeit wird voll auf diese gelenkt. Darunter leidet die Leistung und das befeuert diesen Kreislauf. Dieser Aspekt vereint Tischfußball mit Achtsamkeit und Meditation (zum Thema Meditation und Tischfußball wird noch ein eigener Artikel kommen).

Störungen, die die Leistung einschränken, kommen meistens aus diesen Bereichen:
  • Mental: Man setzt sich unter Druck, weil man bestimmten Bällen eine höhere Bedeutung gibt und diese deshalb unbedingt verwandeln will. Dies ist bei Matchbällen kontraproduktiv.
  • Koordinativ: Man führt sich bei der Ausführungen bestimmter Varianten nicht sicher. Zum Beispiel der Pin nach links klappt nicht mehr.
  • Physisch: An den Physischen Voraussetzungen, die man nicht ändern kann, wird etwas als störend empfunden. Wie zum Beispiel glattere Bälle als im Training, die Beleuchtung, das Umfeld, die Griffe, die Höhe des Tisches, ...


Fazit

All diese Änderungen sorgen dafür, dass man sich im Training mit dem was man spielt nicht so ganz wohl fühlt. Das Stress-Level wird etwas gehoben und Spiele gegen schwächere Gegner werden knapper und für den Kopf anstrengender. Es wird mehr Adrenalin ausgeschüttet und dadurch wird das Training spannender. Als Ergebnis hat man dann im Turnier mehr Optionen, die man ausführen kann und die Standard-Optionen werden unter Druck sicherer. Dies erreicht man dadurch, dass man gewisse Faktoren nicht mehr als störend einordnen lernt, diese bewusst ausblenden kann um mehr Konzentration für das Spielgeschehen übrig zu haben. Der mentale Fokus während eines Spiels muss auf dem Spielgeschehen liegen. Er darf AUF KEINEN FALL auf Faktoren liegen, die einen an besserem Spiel hindern.
Weiterhin lernt man nach einem bestimmten System zu spielen. Das braucht man im Spiel, nachdem man herausgefunden hat, was bei dem Gegner gar nicht oder besonders gut funktioniert, um eine starke Offensive UND Defensive aufzubauen.

Viel Spaß beim Ausprobieren:)

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